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[3:. - [ uns selbst wieder zu finden ]      [Michael Lang-Gilgam] :. ]
                                         [geb. 1954 in Innsbruck] :. ]
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Erste Gedichte,
entstanden in den
Jahren 1969-1972



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uns selbst wieder zu finden
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an einem tag
erwachst du des morgens
einen blitz im herzen.

des abens wirst du zerfall
und geräuschlos
diktiert die stille das chaos.
die sprache gebiert den zweifel,
wilde gesänge des üblichen
wohnt wunderbares
unverzeihliches.




Weinend brechen wir aus
Uns selbst wiederzufinden
Hörend unsere eigenen WER DA - RUFE
Auf die wir mir WER DA
In bedinungsloser Stummheit verfallen.

Sagen Sie nichts
Wir müßten sonst schreien.
Vor Lautlosigkeit:
"WER SIND WIR?".



Duldsam hüllt sich die Nacht in Stille
Wenn der Aufruhr bei uns Einkehr hält
Und morgens sich die Erkenntnis verbreitet
Daß wir antreten müssen zum großen Sprung
Am schattenlosen, seltsamsten aller Punkte:
Wir, die wir lichtlos sind.



Ist es
Daß du gehst
Inmitten der Dämmerung
Durch Türen aus Spiegelglas
Durch dein Selbst zu dir hin
Sprich leise ein BIN



Rastlos uns stumm
Das bleierne Antlitz
Ruhr es auf grünem Moos
Redet es Silbergelächter
Weißer Tod in schwarzer Behausung
Trinkst du den Irrtum ferner Heiden

Aus den grauen Wolkenbrechern
Des Dunkeln
Stirbt das einsame Gesicht
In gelber Erde



Täglich einen Traumfußtritt
Und ein Tag
Aus läppischen 24 Halbschlafstunden

Auflehnungslos faul
Häufen wir Wörter an
Das Totsein zu verbergen
Hängen wir die buntesten Girlanden
In den Abend
Die Hohlheit zu hinterlisten
Stopfen wir uns voll
Mit allen möglichen Lügen und Zweckmäßigkeiten
Statt alles auszuverkaufen
Schreiten wir raffend weiter



Ich wurde ein metaphysisches Kartenhaus
ganz Tier
sah die Häuser verfault und verwüstet
die Menschheit
mit loderden Augen
raffend, taumelnd, berauscht
rund um die bleiernen Uhren
musiklose Feste
schweigende Götter
und eine allgemeine Verwunderung



Eingetreten in Hallen
Die immer unerkannten
Entfernst du dich von dir selbst
Bis der Aufstand unermeßlich
Und wendest dich um zum Duell
Zwischen dem Hell und Dunkel
In dir
Um dich
Und immer.



Das Licht der Dämmerung
Das blaue Kristalle gebiert
Und wir
Bezugslos
Auf Seilen
Gegen einen unbekannten Morgen hin
Und synthetisch
Und Wind
der vorauseilt
Alles ist
Und nicht zu fassen ist



Etwas weniger von diesem Dunkel
und die Vorstellung wäre beendet.
Wir könnten endlich unsere Gesichter
in den Vitrinen des Abends hinterlegen
und müßten niemals mehr sprechen
das Schweigen zu maskieren
und den Überdruß.



Wir
die Architekten zu Babel
geben bekannt:
    Das nichts ist
    und keine Türme
    mehr gebaut werden dürfen.
    
    Der Plan war richtig
    die Grundmauern fest
    aber
    
    Weiter oben
    legen wir
    Mist auf Mist.
    
    Wir überlassen es
    den anderen zu bauen
    Türme zu Babel.
    
    Babel
    war gestern
    noch dort
    wo wir
    gestern waren
    
    Nun:
    Babel soll bleiben
    in Babel
    Wir aber gehen
    jenseits von Babel.
    
    
    
    Heute
    morgen
    verbrannte Gott
    eben
    als die Sonne aufging
    
    Heute morgen
    da
    fielen
    die Steine über ihn her
    
    Als ich heute morgen bei den schwarzen
        Bäumen vorbeikam,
    sangen die Vögel im Chor gemeinsam
        mit den Brüdern,
    den Steinen, den Sonnenstrahlen, dem Tau
        und dem hängengebliebenen
        Abendrot
    das Requiem für einen Gott
        der sich in der letzten Nacht
    an einem der schwarzen Bäume erhängt
        hat und schon seit
    ein paar Stunden begraben ist.
    Gott ist tot, das Lied der Freiheit
        hebt sich ab vom Boden,
    Überschlägt sich, schwebt aufwärts
        durch das Nichts.
    Heute
    morgen
    wurde
    er wahnsinnig
    beim Anhören der lieblichen Lieder
    die ihm die Vögel aus dem Gewirr
    der schwarzen Äste zuwarfen.
    
    
    
Dem Reiter wieder die Winde

Finsternes Sonnengetöse
Überworfen mit strahlendem lichtendem Schwarz
Läßt alles lautlos werden und stumm
Sprung in bleiernes Weiß
Murmelnden Kindern wandeln in endlosen Winden.

Sattelt der Streiter sein meerfarbenes Pferd
Und reitet reitet er immer
Reitet er weiter
In heiligem Scheitern
Reitet er immer.
    
    
    
Schleierlos ist das blanke Entsetzen
In den Augen aller glühenden Leere
Trauerlos und erstarrt trägt ein Jeder
Seine Gesänge der Freiheit über die Stufen der Schwere

Wie das Meer treten wir über die Ufer
Wieder zurückzukehren
In unseren Hohlräumen
Zu beginnen das Spiel
Und immer im Kreislauf des Scheiterns
Die Worte der Wand entlang der Mauern zerbrechen
    
    
    
zugeeignet meiner Füllfeder
Und all ihren dunklen Visionen
Vor schwarzen Booten
Beladen mit zerbrochenen Worten
Aus steinernen Mündern
Befahren sie die blauen Teiche
Der Sehnsucht
An den weißen Wahnlandschaften zu zerschellen
Wortloses Scheitern
    
    
    
Lieblich tötender Tod
In sich das
Ruhst du inmitten feuriger Blumenwälder
Und verbreitest das helle, das lichte Entsetzen
Du namenlos ruhender Geist.

Uferlos wuchert das weiße Moos
durch die felsigen Herzen.



Und
    die Rehe sind aufgetaucht
und
    springen heraus aus den Augen
nun
    setzt sich das Nichts selber die Krone aufs Haupt
um
    auf ewig zu regieren
und
    die Geier werden über den Dächern schillern
und
    die Gänse werden die Häuser besetzen
und
    die verkommenen Fische werden ihren Gestank
    himmelwärts schicken
und
    die Straßen verbarikadieren
und
    alles wird möglich sein
und
    das Geflenne der selbstsüchtigen Affen
wird
    zu einem mächtigen Gebrüll anheben
und
    es wird nicht mehr auszuhalten sein
wenn
    die Vögel auf den Grund hinuntertreiben
und
    sie das Schwimmen verlernt haben
und
    die Philosophie war einmal ein Feuer - sie
wird
    über den Friedhof wandeln
und
    in die eigens für sie gegrabenen
    Gräber hineinstolpern
aber
    das ist noch gar nichts
wenn
    wir wissen was
dann
    noch alles kommen wird
    
    
    
Rostige Kühle des Abends
Wolken wie Steine schwer
Seltsam Ruhe der Weisen
Kreisen die Krähen leiser

Lautlos schleicht sich Neben
Dann in die Herzen ein
Es schmieden die Hämmer mittags
    Wörter
    härter als Stahl
    kälter als Eis
    
Die sagen wir uns dann später
Umgibt uns der alte Abend
Plötzlich die Krähen im Nichts
    härter die Schnäbel als Stahl
    kälter die Rufe als Eis
    
    
    
Der Regen
Ist eine Art traurig zu sein
Er ist sanft, du bemerkst ihn kaum
Er wandelt sich in einen Specht
Und du kannst getrost beginnen
Deine Weisheit zu verkaufen
Der Regen ist ein Räuber, er ist ein Dieb
Den du nicht fassen kannst
Du bemerkst ihn erst
Wenn du entschminkt
Vor den Spiegel dich stellst



Alte Ziehbrunnen
Augenhaufen unten am Grund
Herausgerissen aber nicht blind
Nicht sehen wollen
Abkehr
Gefangen
Sprachgitter
Menschenlabyrinthe
Irgendwo
Vielleicht am Ende eines einsamen Tages
Der Straße entlang
Darüber Verhüllenwollen
Ein Regenbogen
Will zum Vergessen aufrufen
Vergeblich
Irgendwie leise
Der Mond verwelkt über dem Weinen der Häuser
Ziellos



Ganz Zauber und unverschleiert

Leichtfüßigen Schrittes
überquerte sie ganz Zauber und unverschleiert
den Kopf leicht zur Seite geneigt
die Augen zu Boden gewendet
überquerte sie die Straße
vollkommen lautlos
ging sie mit seltsamer Sicherheit
den Weg entlang
unter den sich niemals endenwollenden
Huldigungen die die Bäume
ganz Farbe und Herbst
blaß und bunt
ihr im Vorübergehen darbrachten
was sie nicht wahrnahm


COPYRIGHT (c) 2012 Michael Lang



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